Eine Gefahr für die Lernbereitschaft.
Einsamkeit ist ein Thema, das eher tabuisiert wird. Es ist nicht leicht besprechbar. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche ohne sinnvolle Freizeitbeschäftigung und ohne wirksame Beziehungsstrukturen. Klein- und Kleinstfamiliensituationen begünstigen das Gefühl von Einsamkeit und stellt eine ernsthafte psychische Bedrohung dar. Einsamkeitsgefühle wirken sich negativ auf die Lernfreude aus und sind umfänglich destabilisierend.
Durch das enorme Entwicklungspotenzial von Kindern und Jugendlichen haben sie gute Chancen, Phasen von Einsamkeit erfolgreich zu überwinden. Einige Dinge machen diese Situation jedoch eher schwieriger für sie. Insbesondere kleinen Kindern kann es zum Beispiel schwer fallen, ihre Nöte richtig in Worte zu fassen. Zudem haben selbst ältere Kinder und Jugendliche ihre Selbstwahrnehmung und Persönlichkeit noch nicht vollständig entwickelt. Ihre Fähigkeit, eigene Gedanken und negative Gefühle richtig einzuordnen, ist damit noch eingeschränkt. Zudem leben wir in einer Gesellschaft der weit verbreiteten Sprachlosigkeit.
Für Wege aus der Einsamkeit ist „ein klarer Blick nach innen” jedoch von großer Bedeutung. Auch haben Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen meist noch keine Vorerfahrungen mit Einsamkeit gemacht. Damit fehlen Ihnen wichtige Vergleichswerte für die Krisenbewältigung. Sie können weder wissen, dass Einsamkeit auch wieder verschwinden kann, noch welche Werkzeuge dabei helfen. Eine weitere Besonderheit von Kindern ist ihr Umfeld. Anders als Erwachsene haben Kinder nur begrenzt die Möglichkeit, hierauf Einfluss zu nehmen. Familie, Schule und Peergroup sind relativ starre Systeme am Anfang des Lebens. Im Idealfall tun sie Kindern gut und bieten ihnen Halt. Das Gegenteil kann jedoch schnell der Fall sein. Die volle Entscheidungsfreiheit für längere Auszeiten oder einen kompletten „Tapetenwechsel” gibt es für Kinder dann nicht. Anders als Kinderkrankheiten wie Mittelohrentzündung oder Windpocken handelt es sich bei Einsamkeit zudem nicht um eine eigenständige Diagnose mit klar definierten Symptomen. Für Eltern, Lehrer/innen, Psycholog/inn/en und Ärzt/innen gibt es damit weder Checklisten noch einheitlichen Masterpläne.
Die Liste an möglichen Beschwerden und Verhaltensweisen ist lang bei Einsamkeit: Vermehrte Ernsthaftigkeit, Rückzug, Traurigkeit und Trauer, Gereiztheit, Verstimmtheit, Schwierigkeiten im Kontakt oder beim Spielen mit anderen Kindern, Lernprobleme, Schlafstörungen, Einnässen, Leistungs- oder Trennungsangst sowie Symptome wie Kopf- und Bauchschmerzen. Alles davon kann, nichts muss sein. Jedoch sind die Anzeichen von Einsamkeit immer ernst zu nehmen. Dies erfordert jedoch von uns Erwachsenen, eine gewisse Sensibilität gegenüber den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln. Veränderungen – welcher Art auch immer – sind ernst zu nehmen! Ganz wichtig ist: Wahrnehmungen ansprechen und Zeit für Begegnung/ Kommunikation bewusst einräumen. Es ist nicht die Menge an Zeit entscheidend, sondern die Qualität, die wir einer Begegnung einräumen! Wie ein Mensch auf Schwierigkeiten reagiert, ist unterschiedlich, je nach individueller Disposition. Wichtig ist die Sinngebungsdimension: je mehr Sinn wir am Dasein, an bestimmten Beschäftigungen, an Begegnungen sehen, desto eher sind wir in der Lage, mit Einsamkeitsphasen umzugehen.
Eine direkte Ansprache von Kindern und Jugendlichen kann sehr wirkungsvoll sein. Wenn wir selbst dazu nicht in der Lage sind, kann professionelle Hilfe, z. B. durch Schulpsycholog/innen helfen.
Scheuen wir uns nicht, hinzusehen auf Bedürfnisse und Schwierigkeiten unserer Jüngsten – versuchen wir vor allem personale Präsenz zu zeigen!